PressespiegelGiesserei

Moderne Anlagenplanung

Der Fördertechnikspezialist SEH Engineering errichtet fördertechnische Anlagen in Gießereien, die den rauen Produktionsbedingungen standhalten können. Nun hat das Unternehmen mit dem sogenannten Predictive Engineering darüber hinaus eine Planungstechnologie entwickelt, die Fördertechnik vor Baubeginn mithilfe von 3-D-Scannern in Gießereihallen visualisiert und einpasst. Auf diese Weise werden existierende Maschinen, Werksgänge und Gebäudekonstruktionen berücksichtigt und damit Fehler bei der Konstruktion von Förderanlagen vermieden.

Von Holger Schmidt, Ostrhauderfehn

Gießereien in Deutschland stellen hochwertige Komponenten und Bauteile aus über 5 Mio. Tonnen Metall pro Jahr her. Zu diesen metallischen Werkstoffen gehören etwa Eisen, Stahl, Aluminium, Kupfer, Zink oder Magnesium, die nach ihrer Verarbeitung maßgebliche Funktionen nicht nur im Straßenfahrzeugbau erfüllen, sondern auch im Maschinenbau, in der Elektrotechnik, der Luft-, Schiff- und Raumfahrt oder der Medizintechnik ihre Anwendungen finden. Vor ihrem dortigen Einsatz durchlaufen Gussteile aber verschiedene mehrstufige Prozesse. Vor allem im Formen- und Modellbau, dem Gießen des flüssigen Metalls sowie der anschließenden Bearbeitung sehen sich Hersteller mit der Herausforderung konfrontiert, schwere Teile in der Produktionsstätte zu bewegen. Der Einsatz von Fördertechnik unterstützt dabei maßgeblich in der Produktion, muss hier jedoch allen individuellen Anforderungen und Umständen gerecht werden, um sowohl zuverlässig als auch effizient zu sein. 

Nicht jede Fördertechnik ist einsetzbar

Äußere Umstände in Gießereien bestimmen die Wahl und den Einsatz von Fördersystemen wesentlich. Die Anlagen müssen die Güter nicht bloß transportieren, sondern zusätzlich extremen äußeren Einflüssen wie starker Hitze, Schmutz und Dampf standhalten. Technisch innovative Lösungen wie die heute gängigen Elektrohängebahnen funktionieren in diesen Gegebenheiten äußerst selten. Auch das Gewicht der zu transportierenden Elemente wirkt sich auf die Wahl der Fördertechnik aus. Gussteile von wenigen Kilogramm bis hin zu mehreren Tonnen müssen täglich verarbeitet und bewegt werden. 

Flexibler Prozess trotz hoher Lasten

In rauen Umgebungen wie Gießereibetrieben kommen Kardanketten- oder vornehmlich Steckkettenförderer aufgrund ihrer hohen Temperaturbeständigkeit zum Einsatz. Für die benötigte Robustheit dieser Anlagen sorgen besonders stabile Stahl- und Gusskomponenten. Dank ihrer Fördersystemelemente, wie etwa lebensdauergeschmierte Laufrollen, fallen jedoch nur geringe Betriebskosten an. Sowohl Kardan- als auch Steckkettenförderer bieten in der Power-and-Free-Ausführung individuelle Möglichkeiten in der Linienführung, da sich diese nach dem Baukastenprinzip flexibel und somit effizient an die jeweiligen Gegebenheiten und Umstände anpassen lassen. Die Free-Schiene trägt dabei die Last, welche vom Laufwagenzug mit der durchgängig laufenden Kette transportiert wird. An Stoppstellen oder in Bereichen der Aufpufferung wird der Laufwagenzug bei Bedarf ein- oder ausgeklinkt. Als besonders vorteilhaft erweist sich die daraus entstehende Möglichkeit vieler Puffer- und Speicherplätze sowie Bearbeitungsstationen entlang der Fertigungsstraße. Bei unterschiedlich langen Aushärtungsdauern können so einzelne Gussteile z. B. aus der Produktionskette genommen werden, ohne den laufenden Betrieb zu behindern oder gar stillzulegen. Um diese zu einem späteren Zeitpunkt wieder an der richtigen Stelle in der vorkommissionierten Sequenz einzuschleusen, ermöglichen zusätzliche Streckenführungen, sogenannte Bypässe, ein nachträgliches Einfügen des Förderguts an die ursprüngliche Position. 

Neue Möglichkeiten für die klassische Steckkette

Insbesondere Steckkettensysteme gehören aufgrund ihrer Belastbarkeit zu den klassischen Fördersystemen im Gießereibetrieb. Für Aluminiumdruckguss mit kleineren Stückgewichten von unter 500 kg ist der Standard-Steckkettenförderer allerdings überdimensioniert. Die Lösung besteht hier in einer hybriden Anlagenform, welche die robuste Steckkette mit den kostengünstigen Elementen der Power-and-Free-Technik des Kardansystems kombiniert. Vor allem aufgrund ihrer hohen Kompatibilität mit anderen Anlagen lässt sich das kardanische System einwandfrei in die Steckketten-Anlagentechnik integrieren. Um sowohl die Funktionalität als auch die Effizienz der Systemkombination zu gewährleisten, mussten Bauteile des kardanischen Fördersystems wie Kurven, Weichen, Stopper, Antrieb und Steigstrecken neu für den Betrieb mit der Steckkette entwickelt und konstruiert werden. Für einen besonders wartungsarmen und langlebigen Anlagenbetrieb integrierten Anlagentechniker etwa eine automatische Schmierstation für Kette und Laufwagenzüge. Da sich diese hybride Anlagenform in der rauen Gießereiumgebung bewährt hat, gehört sie mittlerweile zu den Standardanlagen in der Fördertechnik. 

Veränderungen in der Produktionsumgebung effizient gestalten

Auch in einer traditionsreichen Branche wie der Gießerei ändern sich die Produktionsumgebungen, wenn Prozesstechniken erweitert, Lagerbedingungen verändert oder Fördersysteme erneuert werden. Unternehmen sollten bei Modernisierungen Raum und Zeit bestmöglich nutzen, denn verschenkte Flächen kosten Geld und verhindern eine optimale Kapazitätsauslastung. Dabei muss nicht immer gleich eine komplett neue Anlage gekauft werden, denn oft können Komponenten aufgebessert und wiederverwendet werden. Die Integration neuer Fördersysteme erfordert allerdings Sorgfalt in der Planung und Flexibilität in der Komponentenherstellung, insbesondere bei der Kombination von Systemelementen verschiedener Hersteller. 

Recycling statt Ausmusterung – mit Sicherheit

Wenn Unternehmen alte Anlagen aufbereiten und wiederverwenden, bedeutet dies massive Kosteneinsparungen gegenüber einer Neuanschaffung. Möglich ist hier die Kombination eines vorhandenen Konstruktionsprinzips mit einem neuen Kettensystem. Als sinnvoll erweist sich dabei jedoch die Zusammenarbeit mit einem Anbieter, der die Teile selbst herstellt und anpassen kann. Das sogenannte Re-Use-Projekt läuft wie folgt ab: Auf den vorsichtigen Abbau der Anlage folgen eine Wiederaufbereitung der einzelnen Komponenten, ein Austausch aller Verschleißteile und die Ergänzung von Schienenelementen. Bei Bedarf nehmen Fördertechnikspezialisten oft schnelle Anpassungen vor und stellen individuelle Komponenten her, um das System bestmöglich aufzubereiten, denn nicht überall lassen sich Standardteile optimal integrieren. Darunter fällt auch die Erneuerung von Steuerungs-, Antriebs- und Sicherheitstechniken, um allen aktuellen Sicherheitsstandards zu entsprechen. Wichtig ist an dieser Stelle vor allem die Sicherheit der Anlage selbst, um einen reibungslosen Ablauf der Arbeitsprozesse in der ohnehin schon gefährlichen Produktionsumgebung einer Gießerei zu gewährleisten. Jede Produktionsstätte weist individuelle Herausforderungen auf, die gemeistert werden müssen. Bei Bedarf werden deshalb voll funktionsfähige Testanlagen gebaut, um die technische Integration der Anlage verlässlich abzuklären. Sämtliche neu entwickelten und zu integrierenden Techniken und Fördermittel werden so vorab detailliert überprüft, sodass für die Funktionalität des Fördersystems während und nach der Konstruktion beim Kunden gesorgt ist. 

Genauste Planung mit Predictive Engineering

Für eine detailgenaue Planung und Umsetzung einer Förderanlage ist eine präzise Kenntnis der Umgebung notwendig. Wird zu eng oder falsch geplant, verhindert das in der operativen Umsetzung einen reibungslosen Materialfluss. Um Fehler und Probleme von Projektbeginn an zu umgehen, hat die auf Fördertechnik spezialisierte SEH Engineering GmbH, Ostrhauderfehn, das sogenannte Predictive Engineering entwickelt. Diese Planungstechnologie erfasst mithilfe von 3-D-Scannern die gesamte Halle in ihrem aktuellen Zustand – mit allen möglichen Störkonturen. Dazu gehören genaue Informationen über bereits verbaute Anlagen, Maschinenwege oder gebäudetechnische Konstruktionen, die es in der Planung zu berücksichtigen gilt. Doch Planung allein ist nicht alles. Aus diesem Grund ermöglicht Predictive Engineering eine Verbindung von Computer-aided Design (CAD) mit einem Abgleich vor Ort über Augmented Reality und Virtual Reality. Konstruktionsideen lassen sich bereits vor Baubeginn im Echtformat visualisieren, sodass Unternehmer die geplante Anlage auf einem Monitor sehen, sich im Raum bewegen und alle Anforderungen an die Fertigungsstraße ergründen können. Neben dem Erkennen möglicher Fallstricke während der Planungsphase hilft die stetige Überwachung auch in der Engineering-Phase bei der frühzeitigen Entdeckung und Regulierung von Abweichungen. Clash-Detection (Kollisionskontrolle) unterstützt dabei, dass Fördertechnik und Stahlbau an keiner Stelle mit bestehenden Anlagen kollidieren. Die genaue Planung sorgt somit für einen kostengünstigen Einbau sowie für eine effiziente und optimale Nutzung des verfügbaren Raums in der Produktionsstätte.

www.seh-engineering.de

Holger Schmidt, Geschäftsführer des SEH-Standortes Ostrhauderfehn